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Nachhaltige Siedlungsentwicklung

Ein Schweizer Forschungsprojekt empfiehlt Siedlungen und Infrastrukturen ganzheitlich weiter zu entwickeln.

Erst zaghaft und nur unvollständig werden in der Schweiz Siedlung, Infrastruktur und Landschaft als Gesamtes behandelt und weiterentwickelt. Dies beeinträchtigt die Lebensqualität und verursacht hohe volkswirtschaftliche Kosten. Zu diesem Schluss kommt das Nationale Forschungsprogramm "Nachhaltige Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung".


Immer dichter drängen sich Städte, Agglomerationen, Dörfer, Siedlungen, Industriegebiete, Verkehrswege und Infrastrukturanlagen. Besonders das Schweizer Mittelland ist zur Mittellandstadt geworden. Dies verändert das Gesicht der Schweiz markant und bringt auch zahlreiche Nachteile mit sich. Denn der Verbrauch von Ressourcen nimmt enorm zu, gleichzeitig steigt die Belastung für Umwelt und Gesundheit.


Mit einem Flächenverbrauch von rund einem Quadratmeter pro Sekunde schreitet die Zersiedelung der Schweiz seit Jahrzehnten unvermindert voran. Sie greift zunehmend von den Agglomerationen in die Alpentäler hinein. Die Zersiedelung verursacht hohe volkswirtschaftliche Kosten und verhindert, dass Ressourcen effizient eingesetzt werden. 


Entwicklungspotenziale nutzen. Die Siedlungsentwicklung sollte räumlich begrenzt und bestehende Siedlungen besser koordiniert genutzt werden. Erhebliche Nutzungspotenziale bieten brachliegende Industrie- und Bahnareale, von der Armee nicht mehr beanspruchte stadtnahe Liegenschaften und Waffenplätze, ungenügend genutzte und wenig attraktive Siedlungen sowie der Untergrund. Dieser bietet nicht nur Raum für Gebäude und Infrastrukturen, sondern dient auch der Energie- und Wassernutzung und weiteren Zwecken. Eine umfassende Koordination der Untergrundnutzungen ist eine zwingende und dringliche Voraussetzung für seine verstärkte Nutzung.

 

Um diese Areale nachhaltig nutzen zu können, darf man sie nicht nur als Flächenreserven betrachten. Vielmehr müssen sie in den Dienst eines Wandels gestellt werden, welcher der Urbanität grosse Bedeutung zumisst. Dazu gehören neben der gestalterischen Qualität ein qualitativ hochwertiges Angebot an Freiräumen und Grünflächen sowie eine optimale Ausrichtung auf den öffentlichen Verkehr.

 

Das Forschungsprogramm "Nachhaltige Siedlungs- und Infrastrukturentwicklung" empfiehlt daher Städten und Gemeinden, Planungs- und Bauprojekte über die Bewilligungsphase hinaus intensiver zu begleiten. 

 

Wohnbaupolitik überdenken. Die Attraktivitätssteigerung bestehender Siedlungen birgt die Gefahr der sozialen Verdrängung. Wie die wissenschaftlichen Forschungsarbeiten zeigen, richten sich die in jüngster Zeit realisierten Wohnbauten in den Kernstädten grösstenteils an einkommensstarke, mobile Schichten, während einkommensschwache Gruppen und Familien verdrängt werden. Um dies zu verhindern, ist eine aktive Wohnbaupolitik durch die öffentliche Hand unabdingbar. Diese Politik kann auf der Basis von Nutzungsplanung, aktivem Anwerben und Begleiten von Investoren, aber auch durch die Unterstützung des genossenschaftlichen Wohnungsbaus erfolgen. Ein grosses Spektrum an unterschiedlichen Investoren bietet dabei am ehesten Gewähr für ein breites Angebot auf dem Wohnungsmarkt.

 

Sozial-Demografie. In dem Projekt wurde festgestellt, dass die sozialdemografischen Aspekte in den kommunalen Planungen zu wenig präsent sind. Um den sich wandelnden Bedürfnissen verschiedener Gruppen wie etwa älterer Menschen gerecht zu werden, empfiehlt das NFP 54, vermehrt departementsübergreifende Verwaltungsstrukturen für die Siedlungsentwicklung zu schaffen, um damit die sektorielle Sichtweise zu überwinden.

 

Infrastrukturkonzept. "Die Schweiz braucht ein nationales Infrastrukturkonzept" wird gefordert. Eine sektorenübergreifende Planung ist auch im Bereich der technischen Infrastrukturen erforderlich. Noch immer werden Strassen, Bahnen, Gas-, Wasser- und Stromversorgung oder Kanalisation weitgehend unabhängig voneinander geplant und erstellt. Zwar wurden – unter anderem mit den Agglomerationsprogrammen – Fortschritte erzielt, doch sind diese Anstrengungen weiter voranzutreiben. Das nationale Schweizer Forschungsprogramm "Nachhaltige Siedlungsentwicklung" schlägt die Erarbeitung eines nationalen Infrastrukturkonzepts vor, das für jeden Sektor und jede geografische Region eine Strategie festlegt für die Instandhaltung und den Ausbau, aber auch für den Rückbau der technischen Infrastrukturen. In diesem Bereich besteht in den kommenden beiden Jahrzehnten ein Finanzbedarf von jährlich rund 30 Milliarden Franken, wie eine Fokusstudie dazu zeigt. 

 

Wissensressourcen. Wissen ist die zentrale Ressource für eine nachhaltige Weiterentwicklung der Siedlungen und Infrastrukturen. Für deren Bewirtschaftung herrscht heute ein Mangel an Fachkräften. Deshalb ist eine stark interdisziplinär orientierte Ausbildung in den Bereichen Technik, Städtebau, Wirtschaft und Soziales erforderlich. Die Hochschulen und Berufsverbände sollten das Bildungs- und Weiterbildungsangebot in diesem Sinne erweitern. Zudem ist die nachhaltige Entwicklung des Lebensraums und der bebauten Umwelt auch in der Volkschule zu behandeln.

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